Freitag, 24. September 2010

Lebenszeichen

Da kommt so ein kleiner popeliger Tropensturm, also 3 Tage Wasser marsch, Wind aus allen Richtungen und schon steigt hier die Satellitenanlage aus – kein Internet… gibts doch nich!! Zu allem Überfluss haben wir seit einer Woche einen neuen IT-Jogi der mit der Gesamtsituation leider völlig überfordert scheint, den ganzen Tag freundlich guckt, nickt und falsche Teile bestellt die dann auch noch nicht eintreffen. Sobald ihr das hier lesen könnt, wurden die falschen Teile zurückgeschickt, die Richtigen sind eingetroffen, der kleine Wackel-Inder wurde nicht vom wütenden Mob gelyncht und ich kann wieder friedlich vor mich hin bloggen. Prima!
Zu aller erste möchte ich mich bei euch allen ganz dolle für die Geburtstagsglückwünsche bedanken. Kathrin, der blog ist super gut geworden und wenn ich mal schlechte Laune habe … ein click und weg isse :-) . Da muss man erst 30 werden um die Kumpels zu gesanglichen Meisterleistungen zu treiben – Prinzessin: gelernt ist eben gelernt he?!, Andiii: ganz souverän, Milan: auch lost in da Busch?, Reiko: du alter Tanzbär – ich fands … hach *schnuff*!

Mein Geburtstag war sehr ruhig. Wir haben uns alle am Freitag auf ein paar Bierchen im Klubhaus getroffen. Leider hatte ich mir dann etwas den Magen verdreht, sodass am Samstag den ganzen Tag im Bett gelegen habe. Am Sonntag stand dann mein Geburtstagsgeschenk auf dem Programm – einen Vormittag auf dem Golfplatz, mit Trainer und ganz viel Sonne. Hat mir riesigen Spaß gemacht und zum Abschluss habe ich die ersten 9-Loch meines Lebens mit 56 Schlägen gemeistert. 










Mein letztes langes Wochenende habe ich in Kumasi verbracht - Icke & Er auf reisen. Also ging es wieder los, 5 Stunden über Stock, Stein und unsagbar schlechte Straßen in Richtung gutes Essen und laaange ausschlafen, nur eben diesmal in die andere Himmelsrichtung. Kumasi liegt nördlich von Samreboi ziemlich genau in der Mitte von Ghana. Einst die stolze Hauptstadt des Landes bildet Kumasi heute einen der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte für Handel und Wirtschaft ganz Westafrikas.
Kumasi ist, um es mal kurz zusammenzufassen, ein riesiger, unüberschaubarer Marktplatz, ein Schmelztiegel aus Händlern, Reisenden und Touristen aus allen Regionen des Landes – bunt, laut, schmutzig, spannend, anstrengend aber absolut sehenswert.
Unser Wochenende stand jedoch im Zeichen der Erholung und Entspannung, so dass ich über keine großen Abenteuer berichten kann.
Das einzige große Abenteuer war unser Besuch auf dem Zentralmarkt von Kumasi. Die Stimmung dort ist wirklich absolut unbeschreiblich und total verrückt. Gefühlte 10 Millionen Menschen versuchen gleichzeitig auf einer Fläche von 10 Fußballfeldern irgendetwas zu verkaufen. Es herrscht ein derartiges Getummel, Gewusel und Getöse, das man (wir) nach einer Stunde völlig abgekämpft aber stolz auf unsere ergatterten Waren das Feld geräumt haben. Eine endlose Menschenschlange drängt sich durch die engen Gassen zwischen den Holzbuden hindurch. Die einzige Taktik: man springt todesmutig in den Menschenstrom und sobald man einen interessanten Stand entdeckt hat, wirft man den Anker, oder hält sich an irgendetwas fest, sodass man an dem Stand auch wirklich zum Stehen kommt. Man tätigt seine Geschäfte und springt abermals in die Schlange hinein und lässt sich bis zum nächsten Landemanöver treiben.
Am Nachmittag haben wir das Kulturzentrum besucht. Eine kleine Parkanlage mit Hütten, in denen lokale Gewerke wie Flechtkunst, Bildhauerei, Schnitzerei und Malerei zur Schau gestellt und deren Produkte zum Kauf angeboten werden. Ich möchte mir an dieser Stelle noch gar nicht die Folgen des ersten Zusammentreffens zwischen Kati und dem hiesigen Ohrringproduzenten ausmalen!!
Am Montag haben wir eine Teak-Plantage in der Nähe von Kumasi besucht, wohl gemerkt die erste und einzige voll FSC-Zertifizierte in ganz Ghana. Nach dem Besuch waren wir uns beide einig, das wir bzw. die Samartex Baumschule noch einiges lernen und verbessern kann.
Ich bin mir sicher, Kati wird in Kumasi ihren Spass haben! :-)

Mittwoch, 25. August 2010

Es geht nichts über eine scharfe Machete!





!!! Achtung !!! Attention !!!
Der folgende Beitrag ist nicht für Kinder, Leute mit schwachen Nerven oder Vegetarier bestimmt!








„Boah hab ich schmacht auf ein halbes Schwein auf Toast! Stephan wir müssen da was machen!“ 
Ein paar Gespräche, Telefonate und Preisverhandlungen später stand ein Pickup mit zwei munter quiekenden rosa Schweinchen auf der Ladefläche vorm Klubhaus – wenn die wüssten!
Ich habe mich dann mal der Dokumentation der Schweine-Weiterverarbeitung angenommen und bin den zwei „Schlachtern“ zum Ort des Geschehens gefolgt, selbstredent mit einem recht mulmigen Gefühl in der Magengegend. 
Bevor jetzt meine jagdlich versierten Kollegen aus Göttingen in großes Gelächter verfallen: Ja, ich bin ein Stadtkind! Ja, ich kaufe mein Schweinesteak normalerweise im Supermarkt! Ja, ellenbogentief in einem Schwein zu stecken ist mir völlig fremd! 




Naja und dann standen wir auch schon hinterm Haus in einer kleinen Bananenplantage, die Schweine und Machete wurden zu recht gelegt und los gings. Zwei Mann vier Pfoten ein gekonnter Schnitt, 30 Sekunden und jede Menge gequieke und gegurgel später war das Schwein tot. Ich muss ganz ehrlich gestehen, als das zweite Schwein dann endlich tot war, musste ich mir erst einmal all die schönen Bananenpalmen und die herumfliegenden bunten Schmetterling anschauen, natürlich bei einer ordentlichen Zigarette.
Nach dem Ausbluten wurde aus trockenen Palmenwedeln schnell ein kleines Feuer gelegt … abermals zwei Mann vier Pfoten und schon lag das Schwein im Feuer. Die Borsten wurden versenkt und anschließend säuberlich mit der Machete abgeschabt.
Zehn Hühner und ein Köter waren schon emsig dabei das Blut vom Boden zu lutschen. Bananenblätter wurden ausgebreitet und die versenkten Schweine wurden mit Kernseife von Ruß und Schmutz befreit. Danach wurden die Schweine "entkernt". Zwei Schnitte über den Wanst, ein paar gezielte Schläge auf die Brust, einmal kräftig am Halsansatz gezogen und schon war das Schwein ausgeräumt.
Danach (natürlich stolz wie Bolle) mit zwei saftigen Schweinen unterm Arm im Klubhaus angekommen, entbrannte eine kleine Diskussion über die Zubereitungsart … ghanaisch mit vielen Gewürzen und Zeug … oder doch schön deutsch mit Bier, Senf und Zwiebeln. Lirum Larum, zwei Schweine, zwei Zubereitungsarten – finish palaver! 
Ich habe dann also, unter tatkräftiger Mithilfe von Anna und unter argwöhnischer Beobachtung einiger Köchinnen das deutsche Schwein zubereitet - gut das ich, dank der unzähligen Großveranstaltungen bei Familie Straube, was Fleisch marinieren angeht auf dem Höhepunkt meiner Schaffenskraft bin! 
Am nächsten Abend stand dann das Schlachtefest an. Die beide Schweinchen gingen in den klubeigenen Pizzaofen und von dort direkt auf den Grill. Herrlich!!! Es wurde viel getrunken und gegessen und letztendlich haben wir uns einstimmig auf ein leistungsgerechtes Unentschieden geeinigt. Es war ein spannender Nachmittag und ein sehr netter Abend!




Montag, 23. August 2010

Takoradi, Elmina & Kankum

Endlich!! Das erste Wochenende außerhalb des Boot-Camps liegt vor uns. Stephan hat den Reiseplan gemacht – zuerst geht es nach Elmina Castle, DIE Sklavenburg Ghanas, danach schlängeln wir uns im Kankum National Park auf dem Canopy-Walk über wackelige Seilkonstruktionen durch Urwaldbaumkronen. Zum Mittag steht Krokodil in einer kleinen Kroko-Farm auf dem Speiseplan. Zum Abschluss gönnen wir uns noch ein paar Sonnenstunden am Strand von Takoradi, bevor wir uns todesmutig in das Gewusel auf dem Fisch- und Gemüsemarkt stürzen um uns mit dem Notwendigsten an Lebensmitteln einzudecken und zurück nach Samreboi zu holpern. Soweit der Plan.
Über die alt bekannten Katastrophenstraßen ging also unsere vierstündige Fahrt in Richtung Takoradi. Mit an Bord: icke & er, Anna und der Jürgen, ein altgedienter Furnier-Experte aus Hamburg. In Takoradi angekommen ging es wieder ins Northsea zum Essen, diesmal Club Sandwitch mit Pomesen. Danach schnell im Gästehaus eingemietet und am nächsten Morgen ging es über Cape Coast nach Elmina.

Erbaut 1482 diente das Fort São Jorge da Mina, als erster europäischer Militär- und Handelsstützpunkt südlich der Sahara, erst den Portugiesen, dann den Holländern und auch den Ashanti als Zentrum für den Handel von Gewürzen, Gold, Elfenbein und Sklaven.
Elmina selbst ist ein kleines charmantes Fischerdorf mit knapp 25.000 Einwohnern, sehr bunt, laut und voll mit Menschen. Unser Weg führte uns durch die Innenstadt am Hafen vorbei zu der weißen, alles überragenden Burg. 
Überall liegen alte verrostete Kanonen herum, schwere Eisenscharniere halten marode Plankentüren in den Angeln, schwarze Krähen sitzen auf den Burgmauern und beobachten das Treiben vor der Burg, das Meer donnert ohrenbetäubend gegen die Küste … eine sehr raue, bedrückende und authentische Kulisse, die die Gedanken sehr schnell in die düstere Zeit des Sklavenhandels schweifen lässt. 
Wir haben eine recht eindrucksvolle Führung bekommen und dabei die Dungeons für Männer und Frauen besichtigt … dunkel, eng, stickig stinkende Luft – man kann sich kaum vorstellen, welche Schicksaale sich dort abgespielt haben.


Danach ging es weiter in den Kankum National Park und dessen Canopy-Walk.Kanadier haben vor einigen Jahren aus vielen Aluleitern, Brettern, Stricken und Stahlseilen einen wackeligen Pfad durch die Baumkronen des Urwaldes gebaut. Teilweise geht es wirklich fünfzig Meter abwärts und auch die Geländerseile hängen an manchen Stellen deutlich unterhalb des Körperschwerpunktes, ein Ort geschaffen für Menschen mit Höhenangst. Stephans vollmundig angekündigte Höhenangst jedoch, welche bei Anna und mir im Vorfeld für große Vorfreude gesorgt hatte, entpuppte sich leider als Ente. Nur mit allergrößter Mühe und extremen Wipp-und-Kipp-Manövern meinerseits war ihm ein angemessen ängstlicher Gesichtsausdruck und ein „Alter, lass das mal!“ zu entlocken! Gegrinst hat er fast die ganze Zeit. Letztlich war es ein großer Spaß, wir haben außer ein paar Vögeln und Schmetterlingen keine Tiere gesehen, dafür aber einen Wirklich schönen Blick in und über den Wald gehabt. 




Von dort ging es auf dem Weg zurück nach Takoradi an einer Krokofarm vorbei.
Diese entpuppte sich als eine kleine Hotelanlage mit Pool - Hans Cottage. Vor dem Hotel liegt ein kleiner See in dem Krokodile leben, die wiederum dafür sorgen, dass Hans sein Cottage mit Touristen voll bekommt. In den See hinein ist eine kleine Lodge gebaut, von der aus man beim Essen den Krokodilen beim … nichts tun zuschauen kann. Naja, das Essen sah nicht so lecker aus, die Krokodile haben … nichts getan, also sind wir nach einem kleinen Spaziergang und ein paar Fotos wieder abgedüst.
Am Sonntag haben icke & er einen sehr entspannten Spaziergang durch die menschenleeren Straßen der Stadt gemacht - sonntags gehen die Ghanaer fast ausnahmslos in eine der zahlreichen kleinen Kirchen. Eine Coke am Harbourview gezischt, und dabei einfach ein bisschen die Sonne und die Stimmung genossen.
Ab Nachmittags haben wir uns alle an dem kleinen Strand am Stadtrand gesonnt und relaxt. Kleine Kinder sprangen um uns herum und schauten uns ganz verdutzt an, ob unserer bedenklich roten Hautfarbe.
Abends ging es dann in das beste Restaurant Takoradis - Captain Hook, geführt von einem Österreicher. Stephan hatte sich sogar rasiert und ganz feierlich in ein Hemd geschmissen! Es gab dreierlei von Hummer, King Prawns und Seafish und zum Abschluss ein riiiiesen Banana-Split… alles unglaublich lecker und reichlich – perfekt!
Der Montag stand ganz im Zeichen der Nahrungssuche. Fischmarkt am morgen, Gemüsemarkt am Vormittag, beides sehr spannend und beides nervenaufreibend. Wieder einmal Menschen über Menschen, ein unbeschreiblicher Duft/Geruch/Gestank aus Schweiß, Urin, frischen und verdorbenen Lebensmitteln und Gewürzen, An jeder Ecke stehen kleine, große, oder riesengroße Boxen aus denen entweder irgendein Straßenprediger oder Musik brüllt. Dicke alte Marktfrauen feilschen um jeden Cedi und man muss sehr genau aufpassen, um nicht (zu sehr) übers Ohr gehauen zu werden.
Ich fands wirklich toll, sehr lebendig, hektisch, bunt und freundlich. Stephan war danach etwas kaputt, denn er musste mit den dicken alten Marktfrauen um jeden Cedi feilschen.
Die Heimreise gestaltete sich, genau wie die Hinfahrt, sehr holperig und staubig, nur waren wir wesentlich relaxter und um einiges entspannter. Ich freue mich auf den nächsten Besuch in Takoradi!

Dienstag, 10. August 2010

Sonntagsspaziergang

Was tun, wenn der Magen mal wieder zum Bersten gefüllt ist, die Augenlieder keinen Mucks mehr tun, der ganze Körper nach Couch schreit? Dem Schlendrian nachgeben? Nee!! Also den nur zaghaft protestierenden Stephan und die dicke Ginger mit Nachdruck vor die Tür geschoben und los geht’s zu einem sehr entspannenden und spaßigen Spaziergang! Das Wetter war perfekt – leicht bewölkter, freundlicher Himmel, moderate Temperaturen und eine leichte Briese. Versteht mich bitte nicht falsch! Für mich bedeutet das lediglich, dass ich nicht gleich nach dem 2. Schritt im eigenen Saft schwimme, sondern eben erst nach … naja … fünf Minuten!
Erstes Ziel unseres Ausfluges war das sagenumwobene Haus Nr. EINS, die Residenz unseres Big Bosses. Auf einem kleinen Hügel, etwas abseits der Management-Wohnsiedlung gelegen residiert hier der deutsche Chef von Samartex. Er kommt nur zwei- bis dreimal im Jahr für wenige Wochen. Diese Wochen jedoch sind bei Allen gefürchtet. Nur ein wages Gerücht über das baldige Eintreffen des Chefs aus Germany reicht aus, in der Firma eine handfeste Massenpanik auszulösen! Die geschulten Augen der Senior-Manager jedoch schweifen einmal über den ungemähten Rasen des Golfplatzes und es kehrt wieder die übliche Ruhe ein (Golfrasen gemäht = der Chef kommt!). 
 Weiter ging unser Spaziergang über Kakao-, Mais- und Bananenplantagen. Die Kakaobäumchen riechen herrlich nach den direkt am Stamm hängenden Früchten. Überall flattern taubengroße Schmetterlinge herum, kleine Echsen und Geckos flitzen blitzschnell über den Weg. Wirklich schön!! Leider muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass die Flächen für diese Plantagen üblicherweise durch das legen von Feuer vom Unterholz befreit und dann bewirtschaftet werden, dort also eigentlich Urwald stehen müsste.
 
Die Landschaft ist ein wenig hügelig und jetzt, direkt nach der Regenzeit, durchzogen von kleinen Flüsschen und Rinnsalen. Leider wird dies der Natur zum Verhängnis, denn genau diese Wasserläufe transportieren den so begehrten Goldstaub. Überall zeigt mir Stephan verlassene illegal betriebene Schürfstellen, so genannte „galamseyers“. Kleine und große Löcher, teilweise mit Wasser gefüllt, aber immer mit dem giftigen Schwermetall Quecksilber versetzt, das bei der Goldgewinnung verwendet wird.


Weiter geht’s zu einem der vielen Relikte der längst vergangenen golden Ära, von der hier noch immer alle schwärmen. Schon von weitem zu sehen zieht sich ein schnurgerades schwarzes Band durchs Gras, die Sonne flimmert darüber. Das alte Airfield von Samartex, auf dem man noch in den 80er und 90er Jahren mit einer kleinen Dornier (15 Sitze) aus Accra kommend im Samreboi-Busch gelandet ist.
Als nächstes kamen wir in einem der vielen kleinen Siedlungen durch. Auf den ersten Blick sieht man nur Kinder allen alters. Sobald sie uns erspäht hatten war die Aufregung groß. Manche kommen sofort angerannt, laut „Bruni! Bruni!“ rufend, andere mit genügend Sicherheitsabstand schüchtern lächelnd.

 Schnell noch im Klubhaus angehalten, eine Runde Kubb gespielt und dabei eine leckere Kokosnuss ausgeschlürft. Gott gehts uns schlecht!!

Über eine frisch angestochene Gummibaumplantage ging es weiter Richtung Couch. Gummibäume werden ringförmig angeschlitzt, so dass der weiße Kautschuk in einer Schale gesammelt werden kann.
Kurz bevor wir wieder zurück an unserem Haus ankamen viel Stephan noch ein, dass Samartex auch eine eigene kleine Schweinezucht betreibt. Also ab über den Zaun und Schweine gesucht, gefunden, gestreichelt, Fotos gemacht.
Nach einer Stunde waren wir dann wieder zurück an unserem Haus.
Schön wars!

Samstag, 7. August 2010

Essen und Trinken – dicke Wampe und Kopfschmerzen


Fufu: Teigkloß aus Jams/Maniok und grüne Kochbananen im Verhältnis 2:1 zusammen gekocht und in einem Riesenstößel zu einem klebrigen Teig gestoßen – dazu gibt es meist dicke, sehr würzige Soßen/Eintöpfe aus Rind/Chicken Tomaten Zwiebeln, Mango, Grenadine, Erdnüssen …lecker!! - wenn die Köchin das nächste Mal Fufu stampft, werd ich ein paar Fotos nachreichen -
Das gibt’s jeden Samstag … und danach geht nichts mehr. Sämtliche Lebensenergie wird für die Verdauung benötigt, selbst die Augenlieder versagen ihre Dienste. Der Kloß an sich hat kaum Eigengeschmack, liefert eigentlich nur die Konsistenz. Die Einheimischen greifen mit der rechten Hand (immer die Rechte, da die linke für alles, wirklich alles andere benutzt wird) in den großen Kloß und formen einen mundgerechten kleinen Kloß mit den Fingern, den sie dann in die Soße tunken. Ich hab meine eigene Technik entwickelt, dieses all samstägliche Monster zu besiegen: die ganze Soße auf den großen Kloß und dann mit dem Messer an dem Kloß entlang schaben. Es entsteht etwas Ähnliches wie Spätzle, die dann richtig schön in der dicken Soße schwimmen und mit einem großen Löffel weggeschaufelt werden können!! :-)
Banku: Teigkloß aus fermentierten, säuerlichen Mais/Maniokmehl und Wasser – dazu gibt es die gleichen Soßen wie zum Fufu. Ich kann jetzt schon sagen, dass mir Fufu besser schmeckt. Der Teigkloß wird mehrere Tage liegen gelassen und so fermentiert. Dieser so entstehende säuerliche Geschmack ist nicht so mein Ding. Aber die Soßen! Man reiche mir eine Kelle!!
Fufu und Banku sind die ghanaischen Nationalgerichte, die bekommen wir wirklich nur am Wochenende von unserer Köchin kredenzt. Im Anschluss gibt’s dann noch ganz feierlich „German Filterkaffee“, doppelt stark, doppelt süß (so wie ihn auch mein Freund Jean-Luc Picard immer mochte)
Unter der Woche gibt es mittags sehr viel Reis und Nudeln, dazu klassisch Ghana-chicken. Ghana-chicken scheint eine ganz besondere Züchtung zu sein, es hat 12 bis 24 Flügel, mindestens genauso viele Schenkel, aber gaaaanz selten eine Brust. Jams und Maniok kann man auch ganz ähnlich wie Kartoffeln einfach stückig kochen.
Nächste Woche habe ich mein erstes langes Wochenende und es geht nach Takoradi an die Goldküste. Dort werden Fisch und Meeresfrüchte in alles Variationen angeboten und mit Sicherheit von mir in rauen Mengen konsumiert! :-)

Getrunken wird morgens Fruchtsaft dazu Instantkaffee und stilles Wasser. Fruchtsäfte … der helle Wahnsinn. Jeden Morgen gibt es frisch gepressten Fruchtsaft in unterschiedlichen Zusammensetzungen, meist aus Orange, Mango, Banane, Ananas. Der erste Orangensaft war ein echter Augenöffner … so muss das also eine Orange schmecken?! 1000-mal süßer, fruchtiger und einfach leckerer als man uns das bei Aldi weismachen will!!
Abends im Clubhaus gibt es dann meist Star-Bier, das in Kumasi gebraut wird. God save the fridge … solange es kalt ist, kann man es trinken! Wenn man jedoch mit den Einheimischen den Abend verbringt, kommt man an den lokalen Spirituosen nicht vorbei. 
Es wird getrunken: Alomo Bitters aus Baumrinde und verschiedenen Kräutern soll auch die Manneskraft verbessert werden (bekommt man JEDESMAL grinsend gesagt, wenn man am Thresen einen bestellt)
Mandingo Bitters auch ein Kräuter und auch potenzsteigernd "Mandingo brings out the
strength in you."
Local: einfachster billigster und gefährlichster Schnapps destiliert aus Palmwein - der ist für "Obrunis" nicht geeingnet, selbst die lokalen Manager machen einen großen Bogen drum. Ich hab dran gerochen und ... hatte einen Kater am nächsten Morgen. ;-)
Ich bin nicht sicher ob es am Klima oder an dem Schnapps liegt, aber ich habe bisher immer einen Kater am nächsten Morgen gehabt, ich vermute aber es liegt an der Kombination!

Mittwoch, 28. Juli 2010

Samartex - die „big mama“ Samrebois

Samartex Timber & Plywood Company LTD wurde 1995 gegründet. Bis dahin herschte in Ghana ein kommunistisches System, jede großindustrielle Produktion gehörte dem Staat. Misswirtschaft führte zum Ruin vieler dieser Fabriken, also begann Ghana in den 90er Jahren die Firmen wieder zu privatisieren. So entstand auch Samartex aus der von den Briten im Jahr 1947 gegründeten African Timber & Plywood Company (AT&P). Diese Privatisierung kam nur mit der Zusage von Investitionen und der Übernahme von sozialer Verantwortung zustande. So stellt Samartex kostenlos Strom und Trinkwasser zur Verfügung, betreibt ein Krankenhaus mehrere Schulen und unterhält einen Fußballclub.
 
Samartex beschäftigt etwa 1.600 Arbeiter und besteht grundsätzlich aus Samartex aus vier produzierenden Abteilungen. Die Forestry ist für die Bewirtschaftung der Konzessionsflächen zuständig und liefert das Stammholz für die Fabrik. Das Stammholz wird am log yard angeliefert.  
Dort wird das Holz nach Qualität (Holzart, Stammlänge und –durchmesser sowie Wuchsmerkmale) eingeteilt an die Abteilungen Veneer Mill, Saw Mill und Ply Mill verteilt. In der Veneermill werden aus den Messerblöcken (flitches) mit großen dampfbetriebenen Maschinen hochwertige Messerfurniere hergestellt. 
Im Sägewerk wird Brettware, größten teils mit Horizontal- und Vertikalbandsägen eingeschnitten, mit Kreissägen auf Länge gebracht und sortiert.
Man könnte sagen der ganze Rest, also Veneerreste und minderwertigere Stämme werden in der Ply Mill zu rotary veneer, oder zu Sperrholz weiterverarbeitet. Die Stämme werden je nach Holzart zunächst gedämpft und anschließend längs der Stammachse zwischen rotierende Spindeln gespannt. Radial zur Stammachse wird dann ein Schälmesser an den Stamm gefahren und so ein Endlosfurnier erzeugt. Dieses Endlosfurnier wird dann auf Maß geschnitten und in Rollentrocknern getrocknet. Entweder wird das Furnier direkt verkauft, oder zu mehrlagigem Sperrholz verpresst. Veneerreste werden in einem Zwischenschritt mit Hilfe von PVAC-Leim zu passenden Furnierlagen zusammengefügt und für den Sperrholzkern verwendet.
Neben diesen drei wichtigen Produktionslinien gibt es noch die moulding (Fensterkantelproduktion), die carving (Schnitzerei, Tischlerei), sowie die Serviceabteilungen Engineering, Transport, Human Resource und Accounts.
Die Firma ähnelt einem riesen Ameisenhaufen, auf den ersten Blick nicht zu überschauen und auch nach dem zweiten und dritten Blick wird es nicht viel besser. Die gesamte Firma wird 24/7 überflutet von dem sehr eindringlichen Kreischen der Fichtenmopeds (Fichten-Harley triffts besser) in der Regel handelt es sich um 140ccm Stihl 090 mit 14PS, mindestens 1,2m Schwert und immer ohne Schalldämpfer. Tausende von Arbeitern wuseln durch die Gegend und versuchen beschäftigt zu wirken. Es ist unglaublich schmutzig und niemanden scheint es zu interessieren. Die Arbeitsorganisation ist total uneffizient, aber Arbeitskräfte kosten ja nichts, ein einfacher Arbeiter verdient etwa 100 Cedi (etwa 52 Euro), da muss eine Maschine schon sehr lange laufen, um sich im Vergleich zur Handarbeit zu rentieren. Die Maschinen die da sind … also die „neuen“ Maschinen sind aus den 80ern, viele der Dinosaurier stammen noch aus der Zeit der Firmengründung, also 1947/48, so zum Beispiel das Kesselhaus, indem Dampf bzw. heißes Wasser produziert wird, mit dem dann u. a. die Pressen und Trockner betrieben werden. Auf den Deckeln der holzbefeuerten Wasserkessel prangen stolz die alten Eisenplaketten aus der zeit der Engländer. Ich musste meinen natürlichen Überlebensinstinkt unterdrücken um doch hineinzugehen in die Kesselhalle, geschätzte 80 Grad, Feuer schießt aus den Lucken die von den Arbeitern ständig gefüttert werden und überall museumsreife Technik, notdürftig geflickt, geschweißt … „modifiziert“ wie man hier sagt. MacGyver hätte hier wahrlich viel Spass gehabt und ganz sicher in dem Samartex Chef-Ingenieur seinen Meister gefunden.
Zur Zeit arbeiten drei „Obrunis“ (weiße Männer) in der Firma. Natürlich Stephan, mein Mitbewohner und Bruder der Frau meines Cousins … öh ja! … und dann ist da noch D E R Lothar. 
Mr. Lothar Lang ist seit sechs Monaten hier und kam mit mir zusammen im August aus dem Urlaub wieder zurück. Ich habe ihn im Flugzeug sofort erkannt, denn Stephan hatte ihn mir wie folgt beschrieben: „kannst ihn nicht verfehlen, such nach einem der in jedem 70er Schlackerwestern die Hauptrolle übernehmen könnte. Et voilà: Lederhose, Halb offenes Hawaiihemd mit stattlicher Brustkatze und darüber liegender Goldkette, knusper-braun und Lockenmähne … Lothar! Er hat in dem halben Jahr 20 Kilo abgenommen, Lothar ist was man einen klassischen Workaholic nennt. Er leitet die Veneer Mill, ist als für die Messerfurniere zuständig. Lothar hat die unheimliche Gabe innerhalb von 30 Sekunden über mehrere Vorstufen zu detonieren wie eine Bombe. So neulich erlebt: production meeting … alles gut, bis Lothar auf die Elektriker zu sprechen kommt … Phase 1: starrer Blick nach vorn, leichte Rötung im Gesicht „diese verdammten Elektriker!“ Phase 2: die Stimme wird merklich lauter „einen ganzen Vormittag habe ich denen meinen Trockner gegeben!!“ Phase 3: die Stimme wird ein Schreien, auf der Stirn zeichnet sich eine gefährlich puckernde Ader ab, der Blick ist nicht mehr starr sondern wandert umher und sucht nach Zustimmung „Zwei Stunden nachdem die weg waren fällt mein Trockner wieder aus!!!!!“ Phase 4: Zündung!! „Wegen einem Elektrikproblem!!!!!!!!!!“ er haut mit voller Wucht auf den Tisch, seine Augen treten aus den Höhlen, blanke Wut … Lothar schwebt gute 50cm über dem Boden, und das nach nur 30 Sekunden. Ich bin fassungslos und denke mir „Lothar, das ist ja ne wirklich schöne Geschichte die du da erzählst, aber die Elektriker sind noch nicht mal hier!“
Naja aber grundsätzlich ist es gut, so einen Lothar in der Firma zu haben, denn alle Arbeiter kennen diese 30 Sekunden sehr genau und versuchen in Lothars Gegenwart noch beschäftigter zu wirken. Als er einmal Halsschmerzen hatte und die leere Packung der Hustinetten im Betrieb liegengelassen hat, wurden seitens der Belegschaft sofort Vermutungen angestellt … „Mr. Longs Power Pills!!“
Seit Neuestem gibt es zu Stephan und Lothar noch den Hans. Hans ist seit 20 Jahren in Afrika und Experte für Sperrholzproduktion. Die ersten zwei Wochen hat er sich nur um die Sauberkeit im Unternehmen gekümmert. Und die Art und Weise der Organisation ließ mich schnell auf die Bundeswehr kommen und siehe da, 5 Jahre Ausbilder!
Einer seiner Standardsprüche zu den Arbeitern: „Madamfo! (Freund) You are doing what here?“ und wehe es kommt keine plausible Antwort! Zum Anfang wirkte bei mir sofort dieses fremd schämen auf und ich dachte „lass doch den armen Kerl, der ist einfach nur müde!“
Mit Hans ist hier auf jeden Fall ein neuer Aufwind zu spüren, die Firma wird sauberer, die Arbeiter sputen sich und die Produktionszahlen steigen. Ich hoffe Hans hält durch!

2b continued