Montag, 23. August 2010

Takoradi, Elmina & Kankum

Endlich!! Das erste Wochenende außerhalb des Boot-Camps liegt vor uns. Stephan hat den Reiseplan gemacht – zuerst geht es nach Elmina Castle, DIE Sklavenburg Ghanas, danach schlängeln wir uns im Kankum National Park auf dem Canopy-Walk über wackelige Seilkonstruktionen durch Urwaldbaumkronen. Zum Mittag steht Krokodil in einer kleinen Kroko-Farm auf dem Speiseplan. Zum Abschluss gönnen wir uns noch ein paar Sonnenstunden am Strand von Takoradi, bevor wir uns todesmutig in das Gewusel auf dem Fisch- und Gemüsemarkt stürzen um uns mit dem Notwendigsten an Lebensmitteln einzudecken und zurück nach Samreboi zu holpern. Soweit der Plan.
Über die alt bekannten Katastrophenstraßen ging also unsere vierstündige Fahrt in Richtung Takoradi. Mit an Bord: icke & er, Anna und der Jürgen, ein altgedienter Furnier-Experte aus Hamburg. In Takoradi angekommen ging es wieder ins Northsea zum Essen, diesmal Club Sandwitch mit Pomesen. Danach schnell im Gästehaus eingemietet und am nächsten Morgen ging es über Cape Coast nach Elmina.

Erbaut 1482 diente das Fort São Jorge da Mina, als erster europäischer Militär- und Handelsstützpunkt südlich der Sahara, erst den Portugiesen, dann den Holländern und auch den Ashanti als Zentrum für den Handel von Gewürzen, Gold, Elfenbein und Sklaven.
Elmina selbst ist ein kleines charmantes Fischerdorf mit knapp 25.000 Einwohnern, sehr bunt, laut und voll mit Menschen. Unser Weg führte uns durch die Innenstadt am Hafen vorbei zu der weißen, alles überragenden Burg. 
Überall liegen alte verrostete Kanonen herum, schwere Eisenscharniere halten marode Plankentüren in den Angeln, schwarze Krähen sitzen auf den Burgmauern und beobachten das Treiben vor der Burg, das Meer donnert ohrenbetäubend gegen die Küste … eine sehr raue, bedrückende und authentische Kulisse, die die Gedanken sehr schnell in die düstere Zeit des Sklavenhandels schweifen lässt. 
Wir haben eine recht eindrucksvolle Führung bekommen und dabei die Dungeons für Männer und Frauen besichtigt … dunkel, eng, stickig stinkende Luft – man kann sich kaum vorstellen, welche Schicksaale sich dort abgespielt haben.


Danach ging es weiter in den Kankum National Park und dessen Canopy-Walk.Kanadier haben vor einigen Jahren aus vielen Aluleitern, Brettern, Stricken und Stahlseilen einen wackeligen Pfad durch die Baumkronen des Urwaldes gebaut. Teilweise geht es wirklich fünfzig Meter abwärts und auch die Geländerseile hängen an manchen Stellen deutlich unterhalb des Körperschwerpunktes, ein Ort geschaffen für Menschen mit Höhenangst. Stephans vollmundig angekündigte Höhenangst jedoch, welche bei Anna und mir im Vorfeld für große Vorfreude gesorgt hatte, entpuppte sich leider als Ente. Nur mit allergrößter Mühe und extremen Wipp-und-Kipp-Manövern meinerseits war ihm ein angemessen ängstlicher Gesichtsausdruck und ein „Alter, lass das mal!“ zu entlocken! Gegrinst hat er fast die ganze Zeit. Letztlich war es ein großer Spaß, wir haben außer ein paar Vögeln und Schmetterlingen keine Tiere gesehen, dafür aber einen Wirklich schönen Blick in und über den Wald gehabt. 




Von dort ging es auf dem Weg zurück nach Takoradi an einer Krokofarm vorbei.
Diese entpuppte sich als eine kleine Hotelanlage mit Pool - Hans Cottage. Vor dem Hotel liegt ein kleiner See in dem Krokodile leben, die wiederum dafür sorgen, dass Hans sein Cottage mit Touristen voll bekommt. In den See hinein ist eine kleine Lodge gebaut, von der aus man beim Essen den Krokodilen beim … nichts tun zuschauen kann. Naja, das Essen sah nicht so lecker aus, die Krokodile haben … nichts getan, also sind wir nach einem kleinen Spaziergang und ein paar Fotos wieder abgedüst.
Am Sonntag haben icke & er einen sehr entspannten Spaziergang durch die menschenleeren Straßen der Stadt gemacht - sonntags gehen die Ghanaer fast ausnahmslos in eine der zahlreichen kleinen Kirchen. Eine Coke am Harbourview gezischt, und dabei einfach ein bisschen die Sonne und die Stimmung genossen.
Ab Nachmittags haben wir uns alle an dem kleinen Strand am Stadtrand gesonnt und relaxt. Kleine Kinder sprangen um uns herum und schauten uns ganz verdutzt an, ob unserer bedenklich roten Hautfarbe.
Abends ging es dann in das beste Restaurant Takoradis - Captain Hook, geführt von einem Österreicher. Stephan hatte sich sogar rasiert und ganz feierlich in ein Hemd geschmissen! Es gab dreierlei von Hummer, King Prawns und Seafish und zum Abschluss ein riiiiesen Banana-Split… alles unglaublich lecker und reichlich – perfekt!
Der Montag stand ganz im Zeichen der Nahrungssuche. Fischmarkt am morgen, Gemüsemarkt am Vormittag, beides sehr spannend und beides nervenaufreibend. Wieder einmal Menschen über Menschen, ein unbeschreiblicher Duft/Geruch/Gestank aus Schweiß, Urin, frischen und verdorbenen Lebensmitteln und Gewürzen, An jeder Ecke stehen kleine, große, oder riesengroße Boxen aus denen entweder irgendein Straßenprediger oder Musik brüllt. Dicke alte Marktfrauen feilschen um jeden Cedi und man muss sehr genau aufpassen, um nicht (zu sehr) übers Ohr gehauen zu werden.
Ich fands wirklich toll, sehr lebendig, hektisch, bunt und freundlich. Stephan war danach etwas kaputt, denn er musste mit den dicken alten Marktfrauen um jeden Cedi feilschen.
Die Heimreise gestaltete sich, genau wie die Hinfahrt, sehr holperig und staubig, nur waren wir wesentlich relaxter und um einiges entspannter. Ich freue mich auf den nächsten Besuch in Takoradi!

2 Kommentare:

  1. Wunderbare Bilder ... toller Text ... da musst du erst nach Afrika, damit ich merke was für ein weltklasse Fotograf und Schreiber du bist. Na vielleicht liegt es auch daran, dass ich so selten Post von dir bekommen habe ;-)
    Laß es dir gut gehen!
    Wir vermissen dich!

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  2. Hallo Stefan,
    toll geschrieben, bin gegeistert und eine kleine Winzigkeit neidisch auf Eure Erlebnisse!
    Daddy U.

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