Montag, 12. Juli 2010

Von Berlin nach Samreboi – oder die unendliche Reise

Nachdem die ersten Eindrücke verarbeitet und die Gedanken zu dem Gesehenen sortiert sind, sitze ich heute in meinem Office, trinke meinen Instant-Kaffee und schreibe meinen allerersten Reisebericht für euch.
Am Anfang war der Flug ... pünktlicher Abflug, neues Flugzeug, netter Service und dank gutem Wetter atemberaubende Aussichten. Im Flugzeug habe ich einen weiteren externen Samartex-Mitarbeiter kennen gelernt ... Lothar ... ich sollte besser sagen DER Samartex-Mitarbeiter, aber dazu später mehr. 
Wir waren also auf der Reise zu zweit, sehr gut! Die Landung in Accra war bis zum Verlassen des Flugzeugs sehr entspannt. Doch beim Ausstieg traf mich dieser Mix aus Hitze (32°C) und Feuchte (RH 95%) das erste mal mit voller Wucht. Der Weg vom Flugzeug zum Zubringerbus reichte aus um mich komplett voll zu schwitzen. Die Klimaanlagen des Busses und der Abfertigungshalle waren auf „Eiswürfel“ eingestellt ... Gott sei Dank!!! Visa, Zoll und Gepäckkontrolle liefen problemlos und unser Fahrer stand mit seinem Schildchen am Ausgang bereit.
Er lotste uns sicher durch ein  unglaubliches Gewusel aus Händlern, die verzweifelt versuchten Wasser in Tüten, Früchte, Handys, Trockenfisch und Toilettenpapier an den man zu bringen. Der erste Overflow ... erstmal raus hier! Vom Flughafen gings ins Hotel in Accra, denn für die 430km nach Samreboi sind neun bis zehn Stunden fahrt nötig. Also ab ins Shangri-La ... eines der besten Hotels Accras. Und tatsächlich konnte man mit ein bisschen Phantasie erkennen, dass dies vor 30 oder 40 Jahren mal ein tolles Hotel war. Der Lack war ab, von einfach allem ... die kleinen Bungalows, die mit Schilf gedeckten Häuschen, der Tennisplatz ... alles schrie nach Renovierung, aber es war sauber und die Mitarbeiter sehr sehr freundlich! Die erste Nacht verlief eher unruhig ... nachts wird es nämlich nur unwesentlich kühler. 6:30 gab es Frühstück, typisch englisch, Spiegelei mit Speck, Bohnen, Würstchen und Instantkaffee, ich werde mich daran gewöhnen.
Und dann ging es entlich los, Kamera im Anschlag, vorne neben dem Fahrer im uralt-Pajero sitzend ... go go go!! Zwei Stunden haben wir uns zunächst durch den Hauptstadtverkehr gequält (ich werde nie wieder über den berliner Verkehr schimpfen!!), der erste Eindrück: was für ein buntes Chaos?!?! Die Straßen sind gesäumt von bereits erwähnten Händlern, Menschen die einfach nichts tun, Kindern, unglaublich vielen Kindern und kleinen Handwerksständen. Im wesentlichen gibt es drei Arten von Läden ... entweder es werden alte Autos, oder LKWs aus geschlachtet, Lebensmittel verkauft, oder Beauty-Behandlungen für die Ladys angeboten (da wird sehr viel Wert drauf  gelegt!).




Die Straße von Accra nach Takkoradi zieht sich 250 km an der Küste entlang und ist die Lebensader Ghanas für viele Menschen. Kleine Siedlungen gibt es alle 1000 Meter und die Häuser liegen direkt an der Straße. Jeder in der Siedlung versucht irgendetwas an die vorbei reisenden zu verkaufen, an jeder Ampel werden Handykarten, Wasser in kleinen Tüten, Früchte an die Scheiben der Autos gedrückt. 
Auf den Zwischenstücken zwischen den Siedlungen sieht man eine wunderschöne Landschaft, alles ist grün (es ist Regenzeit) und die Natur wirkt sehr viel kraftvoller also zu hause ... riesige Sträucher und Gräser, extrem hohe Bäume mit mächtigen Wurzeln, die wiederum überwuchert werden von Kriechpflanzen. Toll!
Auf halber Strecke liegt Cape Coast, Bunte kleine Häuschen, Palmen, weißer Strand, Fischerbote ... ein wenig Karibik-Feeling kommt auf! 
Ankunft in Takoradi ... eine etwas kleinere, ruhigere und buntere Stadt im Vergleich zu Accra. Mittagessen im „Northsea“, hier hat sich ein Ostfriese vor sechs Jahren niedergelassen und seine Nordsee nach Ghana geholt. Lothar schwört auf das Wienerschnitzel, bei mir gibt es Chicken mit Reis, dazu gibt es „Club“ vom Faß ... „das einzige in der Stadt!“ meinte der Chef ... lecker!!
Ab Takoradi gings dann über schlaglochreiche, staubige Pisten weiter ins Landesinnere. Die Abstände zwischen den Dörfern wurde immer größer, die Vegetation immer dichter und die Piste immer schmaler.
Nach 3 Stunden, oder nach unserem Maßstab nach 160 km liegt Samreboi vor uns. Eine chaotische Ansammlung von Lehm- und
Blechhütten, ohne erkennbares Zentrum, lediglich die Kirche und die Polizeistation sind mehretagig. Man sieht unglaublich viele Kinder, wenig alte Menschen, Frauen die immer irgendetwas auf ihrem Kopf von A nach B tragen, oder Waren feil bieten, Männer die nichts tun, oder an einem Motor herumschrauben. Das Gefühl zu unterdrücken, ständig an sich herabschauen zu müssen und nach einem riesen Fettfleck zu suchen, oder den Hosenstall kontrollieren zu müssen, fällt mir noch recht schwer - man fühlt sich beobachtet, aber es ist Neugier und Interesse niemals Abneigung oder Feindseligkeit in den Gesichtern.
Ankunft im "upper estate", eine recht gepflegte Bungalowsiedlung mit Gäste- und Clubhaus, direkt am Firmengelände gelegen. Im Gästehaus treffe ich Stephan, wir werden die nächsten 6 Monate zusammen wohnen und arbeiten. Stephan kenne ich aus meiner Zeit aus Eberswalde, er studierte international forestry und ich bekanntlich Holztechnik. Seit kurzem ist seine Schwester mit meinem Cousin verheiratet - die Welt ist ein verdammtes Dorf ... und nun sitzen wir beide auf kleinen Bank vor unserem Bungalow, 6.000 km von zuhause entfernt. Stephan genießt die kühle Luft des Abends und ich schwitze vor mich hin.







5 Kommentare:

  1. Hallo Bruderherz, schön von dir zu hören und schön, dass alles gut geklappt hat ... bis jetzt erschüttert mich noch nichts, von dem du schreibst, denn dass da unten alles anders ist als hier, war schon klar, oder? Und auch Instant-Kaffee kann total lecker sein! LG von Kathrin und Nico! Pass auf dich auf!

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  2. na, dann guck dir die beauty-(und wellness-...?)behandlungen für die ladys mal ganz genau an! kannste hier wenn du zurück bist gleich anwenden! ;-)

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  3. Alter, das ist kein Urlaub da unten ;-) Du sollst arbeiten !!!
    Hoffe alles ist roger am Ende der Welt. Lass es dir Gut gehen und Finger weg von den beautys ;-) LG Micha

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  4. Die Gräder kannste hier auch haben, nur die Luftfeuchte ist nicht ganz so.
    Was ist mit Lothar, DEM Mitarbeiter ...?
    Brauchste 'ne Flinte? Oder Whisky? Oder Mausefallen? Na, schreib mal weiter.
    Gruß Lutz

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  5. Hallo Sohn, ich hoffe es geht Dir besser und es war nur eine Magenverstimmung. Bin am Freitag durchs Gewitter nach Bonn geflogen. Auch ne coole Sache, aber natürlich nicht mit Afrkaerlebnissen zu vergleichen.
    Liebe Grüsse von mum und dad

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